Haushaltsdebatte – Redebeitrag der Grünen

„Mögen hätt‘ ich schon wollen, aber dürfen hab‘ ich mich nicht getraut!“

An diesen Spruch Karl Valentins musste ich beim Lesen des Haushalts denken. Denn gefunden haben wir die vielbeschworene Wende im zur Abstimmung stehenden Haushalt nicht.

Den allseits bekannten Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte, der Überalterung der Gesellschaft, den absehbaren finanziellen Problemen der Kommune, den Auswirkungen des Verluste unserer Gesamtschule wird so nicht wirksam begegnet.

Doch lassen Sie mich konkret werden.

Die Neufassung der Friedhofsgebührenordnung war eine Chance zu zeigen, dass man es von Verwaltungsseite und von Seiten der Mehrheitsfraktionen ernst meint mit neuen Ansätzen. Dass man den Mut fasst, unangenehme Wahrheiten auszusprechen und eine, wenigstens annähernde Kostendeckung in diesem Bereich einführt.

Stattdessen wird sich orientiert an den Durchschnittswerten der vergleichbaren oder auch nicht vergleichbaren Kommunen in Hessen und ein Kostendeckungsgrad von 80% beschlossen, der gleichbedeutend mit einem Zuschuss von ca. 90.000 €uro allein in 2007 ist.

Bei den Friedhofsgebühren fehlt der Mut, wie er auch in anderen zuschussintensiven Bereichen fehlt. Das lässt uns Schlimmes befürchten: Sollte man in Kreisen der Koalition die Schließung des Hallenbades und den damit verbundenen Wegfall von Zuschussbedarf etwa als großen Befreiungsschlag sehen und sich deshalb in den anderen Bereichen so auffällig zurückhalten. Das wollen wir nicht hoffen!

Doch lassen wir die Friedhofsgebührenordnung ruhen und wenden wir uns den Lebenden zu, denen das Engagement und die Politik von Bündnis90/Die Grünen – nicht nur – in Biebertal gilt.

Wir begrüßen es, dass Haushaltsmittel für die Stelle des Jugendpflegers eingestellt sind und fordern nachhaltig, dass diese Position auch umgehend besetzt wird. Der kürzlich vorgelegte „Bericht“ zur Jugendarbeit in Biebertal bestärkt uns in der Auffassung, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht.

Wir begrüßen es, dass die zunächst gestrichenen Mittel für die Bücherei wieder in den Haushaltsplan aufgenommen wurden. Denn wir sind der Auffassung, dass die Gemeinde durch eine gute Bildungsarbeit wesentlich zur Entwicklung Biebertals beitragen kann.

Wir begrüßen es, dass im Bereich Dorf- und Stadterneuerung durch nicht unerhebliche Mittel der Gemeinde die Attraktivität der Altortslagen gesteigert werden soll. Denn hier sehen wir ein ganz wesentliches Potenzial für die Entwicklung Biebertals.

Aber wir sehen eben auch die ganz erheblichen Lasten, die auf uns zukommen.

Der Bau eines neuen Bauhofes, die Sanierung oder der Neubau des Bürgerhauses in Frankenbach, die Sanierung zahlreicher Straßen in ganz Biebertal, die Sanierung von Backhäusern, Bürgerhäusern, der Sporthalle und der Sportplätze. Es ist schon jetzt eine Vielzahl an Maßnahmen, die den geringen finanziellen Spielraum der Gemeinde auf Jahre hinaus mehr als ausschöpfen wird.

Da warten zahlreiche Projekte darauf, dass wir sie anpacken und mit neuen Ideen und möglicherweise auch anderen Finanzierungsmodellen in die Tat umsetzen. Da bleibt keine Zeit für eine Politik des Immer-weiter-so.

Wenn das allseits eingeforderte Umlenken sich nicht bald auch in der Haushaltspolitik Biebertals widerspiegelt, dann werden uns bald andere sagen, wie wir unseren Haushalt aufzustellen haben und was geht und was nicht geht. So weit sollten wir es nicht kommen lassen.

Wir warnen aber auch davor zu glauben, man könne die Auswirkungen des demographischen Wandels durch einen Wettkampf mit den anderen Gemeinden um die Gunst junger Familien bekämpfen. Stattdessen muss durch eine Vielzahl intelligenter, auf die Besonderheiten Biebertals abgestimmter Maßnahmen diese vielleicht größte Herausforderung der nächsten Jahre offensiv angegangen werden. Dafür müssen wir Ziele entwickeln, klarstellen, wo wir hin wollen, anstatt uns weiter durchzuwursteln und dem Aktionismus zu verfallen.

Wir haben schon mehrfach angeboten daran mitzuarbeiten, dass Biebertal handlungsfähig bleibt – in manchen Bereichen auch erst wird – und wir bieten es heute erneut an.

Wir — Die Fraktion Bündnis90/DIE GRÜNEN — sind bereit, Verantwortung für eine Haushaltskonsolidierung zu übernehmen. Weil wir uns dieser Verantwortung stellen, können und werden wir dem Haushalt in der vorgelegten Form nicht zustimmen.

Klausurtagung der Fraktion Bündnis90/DIE GRÜNEN

Mit dem Hauhaltsplanentwurf des Gemeindevorstandes befasste sich die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN in ihrer Klausurtagung in der Alten Schule in Rodheim-Bieber. Das vielbeschworene Umlenken angesichts leerer Kassen konnte aber, trotz intensiver Suche, nicht festgestellt werden. „Offenbar scheuen die in der Verantwortung Stehenden noch immer, unpopuläre Vorschläge als Erste zu benennen.“, so Christian Priemer, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Das „Immer weiter so“ könne aber nicht akzeptiert werden.

Unter den Grünen sei man sich einig, dass einerseits hart gespart werden müsse, was auch eine Mehrbelastung für den Einzelnen bedeuten werde. Andererseits dürfe aber auch auf freiwillige Leistungen nicht gänzlich verzichtet werden.

Sparpotenzial und Möglichkeiten zur Verbesserung der Einnahmenseite seien vorhanden. Künftige Investitionsentscheidung müssten wesentlich stärker im Hinblick auf Folgekosten geprüft werden und es werde sich häufiger die Frage stellen, ob man noch jede Einrichtung in jedem Ortsteil vorhalten könne. Hierbei müsse man auch die Folgen des demographischen Wandels berücksichtigen. Bei Hochbaumaßnahmen sei die Energieeffizienz ein wichtiges Kriterium, auf das von grüner Seite immer wieder hingewiesen werde.

Große Hoffnungen setzen die Grünen in die Arbeit der Hallenbadkommission. „Wir erwarten, dass die Kommission nun in Ruhe ein Konzept erarbeiten kann, durch welches der Bestand des Hallenbades dauerhaft gesichert wird.“, so Priemer.

Nach dem bedauerlichen Verlust der Gesamtschule müsse man alles daran setzen, die gute Infrastruktur der Gemeinde zu stärken und Biebertal noch attraktiver zu machen. Leere Kassen lasse man da nicht gelten, es komme darauf an, Prioritäten richtig zu setzen.

Nachtragshaushalt 2006

Im Nachtragshaushalt und den dazu vorgelegten Anträgen der Fraktionen gibt es aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zwei Schwerpunkte, auf die ich eingehen möchte.

Es sind dies:

– die erhöhten Kosten für die Bewirtschaftung von Liegenschaften und

– nicht durchgeführte Baumaßnahmen

Die erhöhten Bewirtschaftungskosten insbesondere in den Bereichen Hallenbad und Bürgerhäuser sind sicher auch auf gestiegene Preise für Strom und Gas zurückzuführen. Hier wäre es wünschenswert eine entsprechende Gegenüberstellung zu erhalten.

Es ist aber zum einen dringend notwendig durch gezielte Schulung und Information der Mitarbeiter die Aktion Minus 10% zu realisieren, zum anderen macht sich aber auch der teilweise schlechte Zustand der kommunalen Einrichtungen im Hinblick auf Wärmedämmung und Wärmegewinnung bemerkbar.

Ich erinnere an die 103. vergleichende Prüfung, die ebenfalls auf einen hohen Sanierungsbedarf im Hochbaubereich hinweist.

Hier sollte mittel- und langfristig Abhilfe geschaffen werden. Investitionen in Wärmedämmung und ressourcenschonende Wärmegewinnung schonen nicht nur unsere Umwelt, sie amortisieren sich angesichts der drastisch steigenden Energiepreise auch in immer kürzeren Zeiträumen.

Es ist unerfreulich, dass wieder einmal ein erheblicher Teil der investiven Maßnahmen nicht umgesetzt wurde. Hierfür gibt es sicher auch wieder eine Anzahl von Gründen. Leider ist dies aber ein Umstand, den wir häufig zu beklagen haben.

Daher haben wir auch Verständnis dafür, dass die Kollegen von CDU und SPD Verpflichtungsermächtigungen vorsehen, um die Maßnahmen zeitnah umsetzen zu können. Nicht für vertretbar halten wir es allerdings, wie von CDU und SPD gefordert, alle Ausschreibungen noch in 2006 durchführen zu lassen.

Erfahrungsgemäß führt eine Ausschreibung kurz vor Jahresende zu wesentlich höheren Angebotssummen,

als dies im Frühjahr 2007, wenn die Auftragsbücher der Unternehmen noch nicht gefüllt sind, zu erwarten ist. Dieser

Effekt wird durch die Umsatzsteueranhebung zum 01.01.2007 noch wesentlich verstärkt. Ein positiver Effekt durch eine Ersparnis der Umsatzsteuererhöhung ist nicht zu erwarten, da der Zeitpunkt der Leistungserbringung für die Umsatzsteuerhöhe maßgeblich ist.

Wir fordern die Mehrheitsfraktionen daher auf, diesen Teil des Antrags abzuändern.

Aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist es dringend erforderlich verwaltungsintern dafür Sorge zu tragen, dass zukünftig die Maßnahmen umgesetzt werden, die im Haushaltsplan vorgesehen sind.

Gerade in diesem Punkt ist Herr Bürgermeister Bender mit einem hohen Anspruch angetreten, den wir auch einfordern. Allerdings geben wir ihm die Zeit, die man zweifellos braucht, um Strukturen sinnvoll zu ändern. Wir hoffen, dass der Entwurf zum Haushaltsplan 2007 einen deutlichen Fingerzeig bringen wird.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird dem Haushalt in der vorgelegten Form, mit den Änderungen der Mehrheitskoalition, nicht zustimmen.

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