Stellungnahme Bündnis90/Die Grünen zum TOP 6 – Teilregionalplan Energie Mittelhessen

Es folgt unsere Begründung aus der Gemeindevertretersitzung vom 07.10.2015, warum wir der gemeindlichen Stellungnahme zum 2. Entwurf des TRP Energie nicht zugestimmt haben. Die Begründung hat Hendryk Gaidies formuliert und vorgetragen:

Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen kann der gemeindlichen Stellungnahme zum 2. Entwurf des Teilregionalplans Energie in der bestehenden Form nicht zustimmen.

Unsere Kritik möchten wir an drei wesentlichen Punkten fest machen.

1. Windhöffigkeit
Den Planungen liegt landesweit ein TÜV-Gutachten zu Grunde, das unbestritten wenig Detail-schärfe hat. Es ist auch nur eine Planungsgrundlage. Warum soll die planende Behörde bereits in diesem Stadium weitere Gutachten für die Bereiche mit einer Windhöffigkeit zwischen 6,0 m/s und 5,75 m/s einholen?
Jeder Projektierer muss zur Absicherung der Finanzierung eigene Windgutachten erstellen las-sen. Wir vertreten die Meinung, dass sowohl die Betreiber von Windkraftanlagen als auch die Banken ein eigenes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Investition haben.

2. Festlegung von 1000m Mindestabstand auch zu Wohnnutzungen in Außenbereichen
Zunächst rein formal: Die 600-Meter-Grenze zu Bebauungen im Außenbereich ist in Hessen nach dem Landesentwicklungsplan verbindlich und bei Einzelfallprüfungen sind sogar Unter-schreitungen möglich. Die planende Behörde hat also bei der Aufstellung des Planes korrekt gehandelt, die Forderung wird ins Leere laufen.

Auch in sachlicher Hinsicht unterstützen wir die Forderung nach einem 1000m-Abstand nicht.
Die 600m sind nicht willkürlich gewählt: Sie spiegeln die aktuellen Erkenntnisse hinsichtlich Schallschutz und optischer Bedrängung durch 200m hohe Windräder wider. Beim Schallschutz gilt nachts für das Dorfgebiet und für den Außenbereich der gleiche Grenzwert: ein Lärmpegel von maximal 45 dB(A).
Man darf auch nicht so tun, als würde die Festlegung eines Vorranggebietes die Baugenehmi-gung für Windräder ersetzen. Jedes konkrete Bauvorhaben muss nach wie vor ein Genehmi-gungsverfahren durchlaufen, in dem auch Schall- und Schattenwurfgutachten zu erstellen sind.
Es ist richtig, dass durch die 600/1000m-Regelung die Menschen in den Außenbereichen anders gestellt werden als die im Innenbereich.
Der gesetzliche Mindestschutz bleibt aber unberührt.

Im Außenbereich muss man grundsätzlich mit solchen Nachteilen rechnen. Außerdem gibt es bei jedem Bauvorhaben Nachbarn, die stärker davon betroffen sind als andere. Eine 100-prozentige Gleichbehandlung ist unmöglich.

Die Festlegung eines generellen Abstands von 1000m zu jeglicher Wohnnutzung würde Anzahl und Größe der Vorranggebiete drastisch reduzieren. Für das Helfholz hätte das zur Folge, dass die ertragsstärkeren Flächen aus der Planung herausgenommen werden müssten.

Für die Fraktion Bündnis90/Die Grünen ist die Energiewende nach wie vor ein wichtiges politi-sches Anliegen und ihre Sinnhaftigkeit unbestritten. Eine Alternative hat jedenfalls niemand an-zubieten.
Die Windenergie ist die bedeutendste erneuerbare Energiequelle in der Stromerzeugung mit dem geringsten Flächenverbrauch je erzeugter kWh. Die Energiewende hängt entscheidend vom Ausbau der Windkraftanlagen und damit von der Ausweisung von Vorrangflächen in aus-reichender Anzahl und Größe ab.

Wir werden uns von den nachfolgenden Generationen fragen lassen müssen, ob wir tatsächlich alles gegen den Klimawandel unternommen haben.

Im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Abstandsregelungen wird oft von fehlender Gerechtigkeit gesprochen.

So hart das sein mag: Es ist manchmal erforderlich, die Belange einzelner dem Gemeinwohl unterzuordnen.

Wir können auch keine Ungerechtigkeit darin erkennen, dass in den schönen Mittelgebirgsland-schaften Windkraftanlagen gebaut werden sollen, im Rhein-Main-Gebiet mit dem hohen Strom-bedarf wegen Belangen der Flugsicherung aber nicht. – Wir möchten nicht tauschen.

Wir sind der Meinung, dass auch unsere Region einen Teil der Last tragen muss, wenn wir überhaupt eine Chance haben wollen, unsere Lebensgrundlagen zu erhalten.

3. Trinkwasserschutz
Zunächst wieder rein formal: Windkraftanlagen sind in der Wasserschutzzone III zulässig. Wo soll da ein Abwägungsdefizit seitens des RP liegen?

Auch sachlich können wir dem Einwand nicht folgen. Für jedes Bauvorhaben müssen Boden-gutachten vorgelegt werden. Erst dann kann über die Art der Gründung am jeweiligen Standort für den relevanten Windradtypen entschieden werden. Und erst dann werden mögliche Auswir-kungen auf die Trinkwassergewinnung deutlich. Diesen kann dann mit Auflagen begegnet wer-den, vielleicht erweisen sich Einzelstandorte aber auch als komplett ungeeignet.
Selbst wenn es manchen nicht gefällt: Diese Detailfragen können erst im Rahmen einer konkre-ten Planung geklärt werden. Das gilt genauso für die Baustellenzufahrten.

Wer unsere Tätigkeit in der Gemeindevertretung verfolgt wird wissen, dass der Erhalt unserer eigenen Trinkwasserversorgung ein wesentliches Anliegen der Biebertaler Grünen ist.
Uns wundert ein wenig, dass plötzlich einzelne, die lieber heute als morgen die eigene Wasser-versorgung aufgeben würden, plötzlich ihre Liebe zu den gemeindlichen Trinkwasservorkommen entdecken.

Der Entwurf der gemeindlichen Stellungnahme enthält durchaus wichtige Einwände und Hinwei-se, die seitens RP und Regionalversammlung abgewogen werden sollten.
Zu nennen sind beispielsweise der 3000m-Abstand zwischen einzelnen Vorranggebieten und der Verweis auf die Stellungnahme örtlicher Naturschutzverbände.

Konflikte mit dem Natur- und Artenschutz sind aber lösbar.

Wir lehnen die Stellungnahme als Ganzes aber dennoch ab.
Gegenüber den Windkraftgegnern ist es fairer, eine klare Position zu beziehen und sich auf die berechtigten Einwände zu beschränken, als eine Stellungnahme zu unterstützen, von der man weiß, dass wesentliche Einwände der Abwägung nicht Stand halten werden.

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